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Reverse Engineering eines Laufrads: Herstellung einer Gussform mithilfe eines Sanddruckers
7 min Lesezeit

Besser als neu: Reverse Engineering macht’s möglich.

Wenn für eine Jahrzehnte alte Pumpe oder Armatur keine Ersatzteile mehr lieferbar sind oder ein Bauteil schnellstmöglich verfügbar sein muss – in solchen und vielen anderen Fällen stehen die Experten vom Reverse Engineering Team bei KSB bereit, um zeitnah und pragmatisch die richtigen Lösungen zu bieten.

Wenn für eine Jahrzehnte alte Pumpe oder Armatur keine Ersatzteile mehr lieferbar sind oder ein Bauteil schnellstmöglich verfügbar sein muss – in solchen und vielen anderen Fällen stehen die Experten vom Reverse Engineering Team bei KSB bereit, um zeitnah und pragmatisch die richtigen Lösungen zu bieten.

Aus alt und beschädigt wurde neu und widerstandsfähiger

Bei der Demontage der Pumpe staunten die Experten von KSB nicht schlecht: Das doppelflutige Laufrad zeigte sich in einem so schlechten Zustand, dass bis zu einem Totalausfall nicht mehr viel gefehlt hatte. Die Oberflächen des gesamten Rads waren stark korrodiert und die Schaufeln aufgrund von Kavitation extrem erodiert. Um die Anlage wieder zum Laufen zu bringen, war ein kompletter Austausch unumgänglich.

Die KSB-Ingenieure legten das Laufrad frei und machten sich an die Arbeit: Zunächst wurde das Rad komplett digital gescannt, um so viele Details wie möglich zu erfassen. Aus den gesammelten Daten wurde am Computer ein virtuelles 3D-Modell modelliert. Fehlende Flächen wurden mit dem Know-how erfahrener Hydraulik-Experten von KSB rekonstruiert. Da es nicht möglich war, den NPSHa-Wert vor Ort zu verbessern, wurde die Metallurgie von Gusseisen auf Edelstahl verbessert, um eine höhere Kavitationsbeständigkeit und damit eine längere Lebensdauer zu gewährleisten. Zum Schluss wurde das Laufrad in der KSB-eigenen Gießerei hergestellt und konnte innerhalb von nur vier Wochen ausgeliefert und eingebaut werden.

Links: altes beschädigtes Laufrad, rechts: neues Laufrad

Hier gut zu erkennen: Schwere Beschädigungen am alten Laufrad links. Und rechts das neue Laufrad vor dem Einbau ins Pumpengehäuse.

Maßgeschneiderte Fertigung: Wann kann Reverse Engineering von Nutzen sein?

Das oben beschriebene Beispiel ist nur eins von vielen, in denen Reverse Engineering von KSB schnell zum gewünschten Erfolg führte. Denn die Fälle, in denen eine maßgeschneiderte Fertigung von Bauteilen jeglichen Rotating Equipments sinnvoll ist, sind breit gefächert – beispielsweise, wenn …

  • … dringend ein Ersatzteil benötigt wird, um Ausfallzeiten und Produktionsausfälle aufgrund von langen Lieferzeiten zu verhindern,
  • … ein benötigtes Ersatzteil nicht mehr lieferbar ist und es zu einem kostspieligen Austausch von Komponenten oder sogar zu einem kompletten Anlagenumbau führen würde,
  • … Ersatzteile, die weder werkstofftechnisch, hydraulisch noch konstruktiv optimal sind, die Wartungskosten unverhältnismäßig erhöhen
  • … oder lagerhaltige Ersatzteile zu hohen Investitionen führen würden.

Die Vorteile, die sich aus der Nutzung der maßgeschneiderten Fertigung ergeben, liegen auf der Hand: 

  • Schnelle Produktion und Lieferung in Notfällen
  • Verlängerung der Anlagenverfügbarkeit und der mittleren Betriebsdauer zwischen Reparaturen (Mean Time Between Repairs, MTBR)
  • Reduzierung der Wartungs- und Lagerkosten
  • Unabhängigkeit von der Ersatzteilpolitik der Erstausrüster 

Welche Bauteile lassen sich mithilfe von Reverse Engineering fertigen?

In der Fertigung sind wir in der Lage, über 300 Legierungen zu verarbeiten. So sind unsere Gießereien auf maximale Flexibilität ausgelegt, um die sich ändernden Bedürfnisse unserer Kunden zu erfüllen. Wir sind in der Lage, Eisen-, Nichteisen-, Nickelbasis- und Kobaltbasis-Legierungen zu gießen:

  • Gusseisen und Gusseisen mit Kugelgraphit
  • Abrasionsbeständiges Gusseisen
  • Aluminiumlegierungen
  • Kupferlegierungen
  • Nickelbasislegierungen
  • Austenitischer und superaustenitischer Stahl
  • Kohlenstoffstahl und niedriglegierter Stahl
  • Duplex und Superduplex
  • Martensitischer und ausscheidungshärtbarer Stahl
Reverse Engineering: Läufer einer Vakuumpumpe

Der Läufer eine Vakuumpumpe wartet darauf, vermessen und nachgebaut zu werden.

Wie funktioniert Reverse Engineering Schritt für Schritt?

Am Anfang jeder Aufgabe steht bei KSB zunächst einmal eine ausführliche Kundenberatung. Ziel ist dabei, die Teile bzw. Pumpen in ihrer ursprünglichen Passung, Form und Funktion wiederherzustellen und im besten Fall zu optimieren. Sind Teile veraltet? Wir bringen Einzelteile oder die komplette Pumpe auf den aktuellen technischen Stand. Auf Wunsch standardisieren wir die Komponenten, um die Austauschbarkeit der Teile zu maximieren. Und wir optimieren das Hydrauliksystem der Pumpe mit Hilfe numerischer Strömungssimulation (CFD), um die Betriebsdauer zu verlängern und die Energiekosten zu senken.

1. Genaue Vermessung und Digitalisierung

Die Geometrie des zu produzierenden Bauteils wird mithilfe von hochpräzisen 3D-Messgeräten genau vermessen und digitalisiert. Kritische Maße werden dabei von Hand genommen.

2. Erstellung eines virtuellen 3D-Modells

Aus den gesammelten Messdaten erzeugen die KSB-Experten ein 3D-Modell. Und falls erforderlich werden auch gleich metallurgische, hydraulische oder konstruktive Verbesserungen vorgenommen. Verschlissene Bereiche werden von unseren Experten rekonstruiert.

3. Abformung und Guss oder 3D-Metalldruck

Die eigentliche Fertigung des Bauteils kann auf verschiedene Weisen erfolgen – als Gussteil oder im 3D-Metalldruckverfahren. Für das Gießen wird zunächst die Form auf Basis des digitalen 3D-Modells mit einem Sanddrucker oder mit herkömmlichen Gussmodellen hergestellt. Anschließend wird das Rohteil in einer unserer firmeneigenen Gießereien gegossen.

Alternativ nutzen wir das metallische 3D-Druckverfahren: Das Bauteil wird mit einem hochmodernen 3D-Drucker additiv im selektiven Laserschmelzverfahren (SLM) hergestellt. Hierbei wird metallisches Pulver durch einen Laserstrahl Schicht für Schicht selektiv aufgeschmolzen. Vorteile des 3D-Drucks: Es handelt sich um ein extrem schnelles Verfahren. Und der Druck macht komplexe geometrische Formen möglich, die mit klassischen Verfahren gar nicht herzustellen wären.

4. Abschließende mechanische Bearbeitung

Bis zur Fertigstellung und Auslieferung folgen je nach Art des Teils noch weitere Prozessschritte: mechanische Bearbeitung, Auswuchten, Testen und finale Prüfung.

Neue Pumpen-Bauteile aus dem 3D-Drucker

Frische Ergebnisse des 3D-Drucker in unserem Werk in Pegnitz: Schicht für Schicht wurde Metallpulver per Laser aufgeschmolzen, bis die Bauteile fertig waren.

Zwei weitere Beispiele für erfolgreiches Reverse Engineering

Ersatz einer alten Armatur – von einem Fremdersteller

Der Kunde benötigte fünf neue 3-Wege-Schieber in der Nennweite DN 300 und Nenndruck PN 10. Problem: Der Hersteller der ursprünglich verbauten Armaturen existiert nicht mehr. Die Experten von KSB vermaßen die Armaturen, fertigten sie komplett nach und lieferten sie zeitnah aus. Vorteil für den Kunden: Die Anlage konnte ohne bauliche Veränderungen weiter betrieben werden.

Reverse Engineering von KSB: links eine der alten Armaturen, rechts eine neue

Gelungenes Reverse Engineering von KSB: links eine der alten Armaturen, rechts eine neue.

Neues Laufrad aus dem 3D-Drucker – in nur zwei Tagen!

Während der geplanten Überholung eines Kraftwerks stellte der Betreiber fest, dass für eine Hilfspumpe ein Laufrad fehlte. Dieses musste nun schnellstmöglich beschafft werden. Ein Notfall, denn die Verlängerung der Stillstandzeit wegen eines vermeintlichen „Kleinteils“ würde unverhältnismäßig viel Geld kosten. Ein Musterteil wurde zu KSB geschickt und dort als Emergency Part bearbeitet – ein manueller Prozess, bei dem die Priorität auf kürzester Durchlaufzeit liegt. Es wurde das Muster vermessen und das 3D-Modell erstellt. Das Rohteil wurde im Werkstoff 1.4404 (316L) mit dem 3D-Metalldrucker „über Nacht“ gedruckt. Anschließend wurden die maschinelle Bearbeitung, das Wuchten und alle Prüfungen vorgenommen, ehe das fertige Laufrad per Taxi im Kraftwerk ankam – 48 Stunden nach Eingang des Musterteils im KSB-Werk! Die Hilfspumpe konnte im Rahmen der geplanten Stillstandzeit eingebaut werden.

KSB-Mitarbeiter mit Laufrad aus dem 3D-Drucker

Stolze Kollegen: Vom Eingang des Musterteils bei KSB bis zur Anlieferung des gedruckten Laufrads im Kraftwerk vergingen nur 48 Stunden!

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Nachhaltigkeit in einem zweiten Leben

Fallen betagte Maschinenaggregate einer Anlage aus, sind Ersatzteile oft nicht mehr erhältlich. Die Neuanschaffung des Aggregats hat ihren Preis und kostenintensive Erneuerungen weiterer Komponenten sowie den Stillstand der gesamten Anlage zur Folge. KSB hat ein Verfahren entwickelt, bei dem Ersatzteile im 3D-Druck nachgebildet werden. Dies ist gerade bei alten Pumpen von Fremdherstellern hilfreich und bringt dem Anlagenbetreiber schnelle Verfügbarkeit und beträchtliche Kostenersparnisse.

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