
"Früher lernten wir es auf die harte Tour – jetzt machen wir es besser"
Wie gewinnen Mitarbeiter in einer im schnellen Wandel begriffenen Branche die Erfahrung, die sie für ihren Erfolg benötigen? Bei KSB heißt die Antwort „Mining Academy“ – eine strukturierte Lernplattform, die das Praxiswissen erfahrener Profis in Form leicht verständlicher Online-Kurse vermittelt. In diesem Interview mit Stream of Stories erläutert Akademieleiter Lee Whitlock, wie die Initiative das über Jahrzehnte gesammelte Expertenwissen bewahrt und die nächste Generation auf eine erfolgreiche Zukunft vorbereitet.
Stream of Stories: Der erste Jahrgang der KSB Mining Academy hat im April das Studienprogramm abgeschlossen. Was war der Auslöser für die Gründung der Akademie?
Lee Whitlock: Im Jahr 2020 führte KSB eine Marktanalyse durch, um Bereiche mit ungenutztem Potenzial zu identifizieren. Einer dieser Bereiche war der Bergbausektor. Uns wurde schnell klar, dass wir gut ausgebildete Mitarbeiter benötigen, um unsere Wachstumsziele zu erreichen. Eine ungeschulte Person kann man nicht in eine Verkaufspräsentation vor hochqualifizierten Ingenieuren und erfahrenen Einkäufern schicken. Ein Fiasko wäre vorprogrammiert.
Deshalb entstand die Idee, ein Schulungsprogramm auf Weltklasseniveau zu entwickeln. Das Programm sollte für Mitarbeiter von KSB weltweit zugänglich sein, unabhängig vom Standort. Der Fokus liegt auf Mitarbeitern im Vertrieb – Personen mit Kundenkontakt, die im Bergbau unterwegs sind oder Akquise bei EPCs betreiben. Diese Mitarbeiter möchten wir so schnell wie möglich für ihre Aufgabe qualifizieren. Es geht nicht nur um Produkt- und Anwendungskenntnisse, sondern auch um Kommunikationsfähigkeit, kaufmännisches Verständnis und Präsentationstechniken. Ob in einem virtuellen Meeting oder im persönlichen Gespräch – unser Ziel ist es, den Teams zu helfen, sich klar auszudrücken und KSB überzeugend zu repräsentieren.
Wie sah die Schulung aus, bevor die Mining Academy gegründet wurde?
In vielerlei Hinsicht mussten neue Mitarbeiter es auf die harte Tour lernen. Damit meine ich im besten Fall individuelles Mentoring durch eine lokale Führungskraft – wenn Zeit dafür war. Oder Lernen durch Fehler. Sie erstellen zum Beispiel ein Angebot, schicken es ab und merken dann, dass ein Fehler passiert ist. Diese Art von Versuch und Irrtum hat mich geformt, aber sie ist nicht effizient. Mit strukturierter Schulung bieten wir einen intelligenteren Weg, der diese schmerzvollen Lernerfahrungen vermeidet. Die Mitarbeiter werden schneller effektiv und erleben weniger Frustration.
Trotzdem ist bei KSB Mining Schulung natürlich nichts Neues, denn persönliche Schulungen für Mitarbeiter und Kunden bieten wir seit 1978 an. Die Kurse "Feststofftransport mit Kreiselpumpen" (fünf Tage, jedes Jahr) und "Instandhaltung von Kreiselpumpen für Feststoffe" (drei Tage, alle zwei Jahre), die in Grovetown (Georgia, USA) stattfinden, werden von langjährig erfahrenen Kollegen geleitet und sind auf höchstem Niveau. Deshalb verlangen einige Lernprogramme der KSB Mining Academy den Abschluss dieser anspruchsvollen Schulungen in den späteren Phasen des Kursprogramms.
Früher haben wir Mitarbeiter von Standorten in Indonesien oder Südafrika für Schulungen nach Grovetown eingeflogen. Dafür mussten wir Kollegen von ihrer täglichen Arbeit abziehen und Präsenzschulungen anbieten. Das war ressourcenintensiv und riskant. Manchmal investierten wir Wochen oder Monate in die Entwicklung einer Person, die dann das Unternehmen verließ. Also brauchten wir einen Weg, Mitarbeiter an ihrem jeweiligen Standort zu schulen und diejenigen zu identifizieren, die engagiert und fähig sind.
Wie sieht der Lehrplan der Mining Academy aus?
Wir haben vier verschiedene Lehrpläne für die unterschiedlichen Rollen im Vertriebsteam für den Bergbausektor.
Der erste Kurs heißt Pump Applications und behandelt Pumpenanwendungen. Dieses Modul ist gedacht für Mitarbeiter, die Anfragen prüfen und passende Produkte auswählen. Diese Mitarbeiter benötigen ein gutes Verständnis für unser Produktprogramm und die entsprechenden Anwendungen. Der Kurs richtet sich an Regionen, die keine großen Schulungsbudgets haben. Deshalb ist der Kurs zu 100 Prozent online zugänglich. Teilnehmer sind Mitarbeiter aus Ländern wie Indonesien, Australien, Südafrika, Brasilien, Mexiko, Chile, Argentinien und Peru. Für den Kurs ist ein Zeitaufwand von etwa 100 Stunden zu veranschlagen.
Im zweiten Kurs Pump Sales geht es um den Verkauf von Pumpen: Dieser Kurs ist vorgesehen für Key Account Manager und Außendienstler, die direkt mit Kunden bei Bergbaufirmen in Kontakt stehen. Dieser Kurs ist auf etwa 300 Stunden angelegt.
Der dritte Kurs Pump Support hat als Thema den Kundendienst für Pumpen. Zielgruppe sind technische Praktiker, die Anlagen im Feld montieren, warten und reparieren. Pump Support wird voraussichtlich ebenfalls rund 300 Stunden umfassen, wobei 100 Stunden hauptsächlich für praktische Aufgaben in Werkstatt oder Anlage vorgesehen sind.
Der letzte Kurs hat den Titel Mining Champions. Dieser Kurs richtet sich an handverlesene Kandidaten, die als zukünftige Führungskräfte in Frage kommen. Sie durchlaufen die umfassendste Ausbildung einschließlich kaufmännischer, technischer und strategischer Entwicklung. Dieser Kurs ist besonders anspruchsvoll – die Schulungsdauer beträgt über 460 Stunden.
Einer der wichtigsten Vorteile dieses neuen Schulungsmodells ist, dass die Absolventen weiterhin Zugriff auf die Inhalte der Online-Schulung (Videos, Mitschriften usw.) behalten und damit ihr Wissen auffrischen können, solange sie bei KSB Mining arbeiten.
Wie findet die Schulung statt?
Als wir begannen, ein global zugängliches Schulungsprogramm zu entwickeln, wussten wir, dass es online verfügbar sein musste. Die meisten der Kurse laufen daher auf YouLearn, der globalen Schulungsplattform von KSB. Das ist die Heimat der Mining Academy.
Aber nicht alle Schulungen finden ausschließlich online statt. Mit der Ausnahme von Pump Applications beinhalten alle Kurse weiterführende Schulungsinhalte in Grovetown oder an anderen Standorten. Durch Absolvieren von Online-Kursen vor der weiterführenden Schulung werden die Teilnehmer darauf vorbereitet, erfolgreich weitere Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben.
Gegen Ende der Programme Sales, Support und Mining Champion müssen die Teilnehmer darüber hinaus anspruchsvolle Aufgaben bewältigen. Eine davon ist der Besuch eines Bergwerks, wo die Teilnehmer dann an diversen Projekten arbeiten. Die schwierigste Anforderung ist das auf Expertenniveau angesiedelte Abschlussprojekt für Mining Champions. Die Schulungsteilnehmer können unter mehreren Optionen wählen. Dazu gehören die Publikation einer Fallstudie über eine Kundenlösung oder die Ausarbeitung eines Kurses für die Mining Academy. Die schwierigste Aufgabe ist das Verfassen eines technischen Vortrags und dessen Präsentation auf einem internationalen Kongress.

Der erste Abschlussjahrgang der Mining Academy umfasste 102 Teilnehmer. Sie wurden beim Global Mining Meeting in Grovetown im April ausgezeichnet, und einige sind in diesem Bild zu sehen.
Wie wählen Sie Teilnehmer für das Programm aus?
Es ist eine Ehre und ein Zeichen großen Vertrauens, zur Mining Academy eingeladen zu werden. Deshalb kann man sich nicht einfach selbst einschreiben. In den Kursen vermitteln wir vertrauliche Informationen von KSB Mining. Die Kurse reservieren wir daher für Mitarbeiter, von denen wir glauben, dass sie langfristig bei KSB bleiben.
Der Zugang zu den Inhalten der Akademie beginnt mit einer Empfehlung, die vom lokalen Vorgesetzten des Schulungsteilnehmers kommen muss. Diese Führungskräfte können beurteilen, wer engagiert ist und wahrscheinlich auf lange Sicht beim Unternehmen bleibt. Dieses Modell stellt sicher, dass nur explizit von ihrer lokalen Organisation empfohlene Kandidaten für die Schulung zugelassen werden.
Gibt es eine Feier für die Absolventen der Mining Academy?
Leider ist es zu teuer, alle erfolgreichen Schulungsteilnehmer für eine große Veranstaltung einzufliegen. Stattdessen würdigen wir den Erfolg der Teilnehmer bei unserem jährlichen Global Mining Meeting. Anlässlich der Zeremonie für den ersten Abschlussjahrgang im April hielt ich eine Präsentation und lobte die Leistungen der 102 Absolventen. Jeder Schulungsteilnehmer wurde vor der obersten Geschäftsleitung von KSB geehrt und erhielt ein Zeugnis, Helmaufkleber und hochwertige Anstecknadeln für Westen oder Rucksäcke. Auf einem Bergbaugelände trägt man eine orangefarbene Sicherheitsweste. Die Anstecknadeln werden an der Weste befestigt. Wenn jemand fragt "Hey, was ist das für eine Nadel?", hat man die Gelegenheit, über die erfolgreiche Schulung und deren Inhalte zu berichten.
Personen, die bei der Feier anwesend waren, habe ich aufgerufen und die Auszeichnung persönlich überreicht. Im anderen Fall habe ich einen Kollegen vom jeweiligen Standort gebeten, die Auszeichnung im Namen des Absolventen entgegenzunehmen und zu überbringen. Am Standort sollte eine kleine Feier vor Ort mit Pizza, Kuchen oder was auch immer stattfinden, um das Zeugnis, die Anstecknadeln und die Aufkleber zu übergeben. Die einzige Gruppe, die wir einfliegen, sind die Mining Champions. Dann ist großer Bahnhof angesagt. Die Absolventen kommen auf die Bühne und werden persönlich ausgezeichnet. In diesem Jahr haben neun Teilnehmer aus acht Ländern das Programm erfolgreich absolviert.
Die Bergbaubranche entwickelt sich ständig weiter. Wie halten Sie den Lehrplan auf dem aktuellen Stand?
Da unsere Branche einem ständigen Wandel unterworfen ist, können wir uns keinen Stillstand leisten oder davon ausgehen, dass die Inhalte auf ewig gültig sind. Ein Beispiel sind Lösungen im Internet der Dinge. Das war nicht Teil unseres ursprünglichen Plans. Aber dann haben wir SLYsight entwickelt, eine innovative Technologie zur Überwachung von Slurry-Pumpen. Uns wurde klar, dass wir dafür ein komplettes, eigenes Lernmodul benötigten. Auch im Bergbau geht der Trend zu intelligenteren Lösungen, und wir müssen am Ball bleiben.
Wir sind auch dabei, in das Gebiet der Entwässerung einzusteigen. KSB Indonesien ist in diesem Markt exzellent unterwegs, und einer unserer Champions entwickelt gerade einen Kurs über Entwässerung und Saugbaggeranwendungen. Mit Hilfe dieses Kurses können andere Regionen diesen Erfolg wiederholen.
Welche Zukunftspläne haben Sie für die Mining Academy?
Bisher sind alle unsere Schulungsinhalte in englischer Sprache verfasst. Doch in einigen Ländern, in denen wir das größte Potential für Wachstum sehen, wie Chile, Argentinien, Peru, Bolivien und Mexiko, wird Spanisch gesprochen. Einige unserer Kollegen dort würden von Schulungen in ihrer Muttersprache profitieren. Um dieser Gruppe zu helfen, werden wir wichtige technische Schulungsmodule auswählen und ins Spanische übersetzen.
Eine weitere große Neuentwicklung ist die Bereitstellung von Schulungsinhalten für den externen Gebrauch. Nehmen wir an, Sie haben das Programm absolviert und müssen eine Präsentation vor Kunden halten – vielleicht ein "Lunch and Learn" mit einer Gruppe von Ingenieuren an einem Bergbaustandort. Dafür erhalten Sie Zugriff auf eine freigegebene PowerPoint-Präsentation im KSB Corporate Design, die perfekt formatiert ist, professionell aussieht und alle Anforderungen erfüllt.
Was hat Sie persönlich dazu motiviert, die Mining Academy zu leiten?
Es freut mich persönlich, Menschen wachsen zu sehen. Dafür spricht wohl schon die Tatsache, dass ich neun Kinder habe. Deshalb habe ich natürlich ein großes Interesse daran, dass KSB profitabel ist, seinen Marktanteil vergrößert und mir so noch viele Jahre lang mein Gehalt zahlen kann.
Auch wünschte ich, dass es so etwas wie die Mining Academy schon vor 30 Jahren bei meinem Berufseinstieg gegeben hätte. Das hätte meine Lernkurve enorm beschleunigt. Damals mussten wir alles auf die harte Tour lernen und wir wären froh gewesen, an Kursen über Feststofftransport oder Instandhaltung teilnehmen zu können. Jetzt können wir Neuzugänge viel schneller an Bord nehmen und einarbeiten. Ich freue mich, dass jüngere Mitarbeiter heute die Möglichkeit haben, effizienter zu lernen als wir es früher konnten.


