
„Ohne intelligente Armaturen gibt es keine smarte Gebäudetechnik“
Die Trends zu mehr Digitalisierung und Nachhaltigkeit verändern die Gebäudetechnik rasant. Dadurch wandelt sich auch die Rolle von Armaturen: Aus reinen Funktionsbauteilen werden sie zu intelligenten Knotenpunkten in vernetzten Systemen, die Daten erfassen, analysieren und ihren Betrieb automatisch anpassen. Im Interview mit „Stream of Stories“ erklärt Daniel Manß, Produktmanager für Gebäudetechnik-Armaturen, wie KSB diese Entwicklung vorantreibt.
Stream of Stories: Bei welchen Anwendungen der Gebäudetechnik kommen KSB-Armaturen zum Einsatz?
Daniel Manß: Als Komplettanbieter stellt KSB Lösungen für nahezu alle gebäudetechnischen Anforderungen bereit. Die Armaturen kommen in unterschiedlichsten Gebäudetypen zum Einsatz – vom Wohnungsbau, insbesondere in Zwei- und Mehrfamilienhäusern, über den Nichtwohnungsbau mit Bürogebäuden und öffentlichen Gebäuden bis hin zu Rechenzentren sowie industriellen Anlagen.
Das Produktportfolio umfasst unter anderem Absperrventile, Absperrklappen, Schmutzfänger und Rückschlagklappen. Ferner bietet KSB umfassende Lösungen für den hydraulischen Abgleich, darunter statische Strangregulierventile, Differenzdruckregler sowie druckunabhängige Regelventile. Ergänzt wird das Angebot durch Automationslösungen wie etwa Messsysteme zur Überwachung von Heizungs-, Klima- und Lüftungssystemen (HKL) sowie intelligente Regelventile für den automatisierten Abgleich hydraulischer Systeme.
Welche Anforderungen müssen Armaturen in der Gebäudetechnik heute erfüllen?
Durch gesetzliche Vorgaben wie die EU-Gebäuderichtlinie (EPBD), das daraus abgeleitete deutsche Gebäudeenergiegesetz (GEG), die EU-Taxonomie sowie ESG-Kriterien steigen die Anforderungen an Gebäudetechnik kontinuierlich. Ziel ist der klimaneutrale oder sogar energiepositive Betrieb von Gebäuden.
Dadurch rücken Aspekte wie Recyclingfähigkeit und CO₂-Bilanz in den Fokus. Zunehmend stehen auch die eingesetzten Komponenten selbst im Mittelpunkt. Aspekte wie der Product Carbon Footprint (PCF), Lebenszyklusanalysen (LCA) und Umweltproduktdeklarationen (EPD) gewinnen an Bedeutung. Zudem legen Investoren und Betreiber heute verstärkt Wert auf eine ganzheitliche Betrachtung der Betriebskosten, den Total Cost of Ownership (TCO).
Entscheidend, um den Energieverbrauch und die langfristigen Kosten von Gebäuden zu optimieren, sind vernetzte intelligente Systeme. Hier spielen Armaturen eine wichtige Rolle. Ohne smarte Armaturen keine smarte Gebäudetechnik: Sie sind längst nicht mehr nur Strömungsregler, sondern vernetzte Schnittstellen, die sich durch zentrale Leitsysteme aus der Ferne steuern lassen. Durch ihre nahtlose Integration in IoT-Umgebungen werden sie zu intelligenten Reglern in Heizungs-, Klima- und Lüftungssystemen.
Was sind im Einzelnen die Herausforderungen in der Gebäudetechnik?
Gebäude zählen in Europa zu den größten Energieverbrauchern: Sie sind für rund 30 bis 40 % des gesamten Energiebedarfs verantwortlich. Besonders ins Gewicht fallen Nichtwohngebäude wie Bürogebäude, Produktionsstätten oder öffentliche Einrichtungen. Obwohl sie in Deutschland nur etwa 9 % des Gebäudebestands ausmachen, verursachen sie rund 36 % des gebäudebezogenen Energieverbrauchs. Diese Diskrepanz rückt sie in den Fokus aktueller und künftiger gesetzlicher Vorgaben, die den Energieverbrauch deutlich senken sollen. Ab Ende 2026 werden auch Wohngebäude zunehmend von verschärften Regelungen betroffen sein.
Für Betreiber wie auch für Hersteller von Pumpen und Armaturen ergeben sich daraus weitreichende Herausforderungen. Zentral ist die Fähigkeit, Heizungs-, Klima- und Lüftungssysteme (HKL) präzise zu überwachen. Denn nur was gemessen wird, kann auch optimiert werden. Zukünftige Systeme müssen darüber hinaus in der Lage sein, sich automatisch an wechselnde Betriebsbedingungen anzupassen und den hydraulischen Abgleich eigenständig vorzunehmen.
Eine Antwort darauf sind intelligente Regellösungen wie das All-in-one-Ventil BOA-Systronic ePIC. Es vereint Überwachung, Regelung und Optimierung in einem einzigen Aggregat. Die integrierten Regelfunktionen und die intuitive App-Steuerung machen die Inbetriebnahme besonders nutzerfreundlich. Dank standardisierter Baulänge nach EN 558-1 lässt sich das Ventil auch in Bestandsanlagen einfach und ohne größeren Aufwand nachrüsten.
Welche Rolle spielt hier die Digitalisierung?
Die direkte Integration von Monitoringfunktionen in Pumpen und Armaturen ermöglicht eine Analyse des Betriebszustands in Echtzeit. Smarte Automationslösungen können dann das System dynamisch an veränderte Betriebsbedingungen anpassen – etwa bei schwankender Gebäudeauslastung, der Umnutzung von Büroflächen oder in hybriden Gebäudekonzepten. Die kontinuierliche Überwachung relevanter Betriebsparameter senkt die Energiekosten, schafft Transparenz, erhöht die Betriebssicherheit und ermöglicht eine vorausschauende Wartung.
Auf welche Aspekte des Gebäudeenergiegesetzes müssen Sie bei Ihren Produkten achten?
Die Anforderungen an die Energieeffizienz technischer Gebäudeausrüstung steigen kontinuierlich – nicht zuletzt durch gesetzliche Vorgaben wie das Gebäudeenergiegesetz (GEG). Dieses fordert unter anderem die konsequente Minimierung des Primärenergiebedarfs in Neubauten und bei Sanierungen. Zentrale Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels sind der hydraulische Abgleich, die Integration von Monitoringsystemen sowie ein hoher Automatisierungsgrad der Anlagen.
Ebenso werden die Einbindung regenerativer Energiequellen sowie die Nutzung von Abwärme – etwa im Rahmen dezentraler Energieversorgungskonzepte wie Nah- oder Fernwärme beziehungsweise -kälte – zunehmend zur Pflicht. Auch die Nachhaltigkeit der eingesetzten Produkte, insbesondere im Hinblick auf ihren CO₂-Fußabdruck, rückt stärker in den Fokus.
Wie kann Gebäudetechnik zur Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit beitragen?
Rund 30 bis 40 % des gesamten Energiebedarfs entfallen auf den Gebäudesektor – davon etwa 70 % allein auf Raumwärme und Warmwasser. Die technische Gebäudeausrüstung bietet daher vielfältige Hebel, um Energieverbrauch, Emissionen und Materialeinsatz zu senken.
Ein zentraler Ansatzpunkt ist die Optimierung von Heizungs-, Kühl- und Lüftungssystemen. So sorgt beispielsweise ein hydraulischer Abgleich für eine gleichmäßige Wärmeverteilung, vermeidet Überversorgung und reduziert unnötigen Energieeinsatz. Ergänzend schaffen digitale Monitoringlösungen Transparenz über den Energie- und Wasserverbrauch. Die gewonnenen Daten ermöglichen eine gezielte Betriebsoptimierung und helfen, Ineffizienzen frühzeitig zu erkennen.
Auch die Integration erneuerbarer Energien – etwa durch Solarthermie, Wärmepumpen oder Geothermie – leistet einen wichtigen Beitrag zur Senkung des CO₂-Fußabdrucks. Dies erhöht jedoch auch die Komplexität solcher HKL- sowie Nah- und Fernwärmenetze und macht smarte und miteinander verbundene Regellösungen unabdingbar, um einen effizienten und kostengünstigen Anlagenbetrieb zu gewährleisten.
Dies gilt nicht nur für den Gebäudebetrieb, sondern zunehmend auch für die Herstellung der eingesetzten Komponenten. Neben der Energieeffizienz spielt die Ressourcenschonung über den gesamten Produktlebenszyklus eine immer größere Rolle. Langlebige, wartungsarme Systeme senken den Materialbedarf und verringern die Umweltbelastung durch selteneren Austausch und weniger Wartungsaufwand.
Was ist Building Information Modeling und warum ist es wichtig für die Gebäudetechnikplanung?
Mit der fortschreitenden Digitalisierung der Bauwirtschaft hat sich Building Information Modeling (BIM) als neuer Standard in der Planung technischer Gebäudeausrüstung etabliert. Die modellbasierte, kollaborative Arbeitsweise sorgt für eine präzise und konsistente Planung über alle Projektphasen hinweg – von der ersten Idee bis zum Betrieb. KSB unterstützt Planer dabei mit umfassenden BIM-Daten und digitalen Tools, die eine reibungslose Integration der Produkte in moderne Planungsprozesse ermöglichen.


