Alternative Kraftstoffe für die Schifffahrt
Alternative und kohlenstofffreie Kraftstoffe sind attraktive Lösungen für die Dekarbonisierung der Schifffahrt, allerdings gibt es noch einige Herausforderungen dabei. Denn jeder Kraftstofftyp hat Vor- und Nachteile, basierend auf seinen Eigenschaften und der Verfügbarkeit von Technologien und Regeln für die Lagerung und Verwendung an Bord von Schiffen. Nachfolgend stellen wir Ihnen die wichtigsten, alternativen Energieträger vor, die aktuell diskutiert werden.
Erdgas (LNG)
Erdgas (oder auch: Methan, CH₄) kommt in der Industrie vor allem in verflüssigter Form zum Einsatz: Als sogenanntes Liquefied Natural Gas (LNG). Durch die Verwendung von Flüssiggas werden auf den Schiffen die Emissionen von Schwefeloxid und Feinstaub nahezu vollständig vermieden. Ebenfalls vorteilhaft an LNG: Durch die Verflüssigung des Gases bei einer Temperatur von -162 Grad Celsius verringert sich das Volumen des Gases um das 600-Fache, was Transport und Lagerung vereinfacht. Allerdings hat LNG auch Nachteile. Nicht nur, weil der Aufwand für die Technik an Bord vergleichsweise hoch ist und für deren Handhabung Spezialpersonal erforderlich ist. LNG-Schiffe sind u. a, auch wegen der aufwendigen Tankkonstruktion rund 20 Prozent teurer als konventionell angetriebene. Und entweicht das LNG (beispielsweise aufgrund einer Leckage), so ist das entweichende Methan etwa 25 mal klimaschädlicher als CO2.
Darüber hinaus wurde auch die CO2-Freundlichkeit von Erdgas kürzlich vom International Council of Clean Transportation (ICCT) in Frage gestellt: Entgegen der langjährigen Annahme, dass der CO2-Ausstoß bei der Verwendung von LNG 20 bis 25 Prozent geringer sei als bei Diesel, belegen die Daten des ICCT, dass LNG als Schiffskraftstoff sogar zu höheren Treibhausgasemissionen im Vergleich zum bisher genutzten Treibstoff aus Rohöl führt. Trotz allem: LNG könnte mehr als eine Übergangstechnologie sein, denn das Gas lässt sich auch aus biologischen Abfällen oder synthetisch herstellen.
Autogas (LPG)
Autogas (auch: LPG) ist ein variables Gemisch, das hauptsächlich aus Propan und Butan besteht. Entsprechend seines schlechteren Kohlenstoff-Wasserstoff-Verhältnisses verursacht LPG höhere CO2-Emissionen als Erdgas. LPG wird verflüssigt gelagert, entweder unter einem Druck von 8 bis 10 bar oder bei Umgebungsdruck tiefgekühlt, wobei der Siedepunkt vom Mischungsverhältnis des Butans mit dem Propan abhängt. Von diesem Mischungsverhältnis hängt auch der Heizwert des Autogases ab: Der Heizwert von Propan beträgt 12,9 kWh/kg und der von Butan 12,7 kWh/kg.
Die großen Vorteile von Autogas liegen in seiner Klima- und Lagerfreundlichkeit. Da der Energiebedarf für die synthetische Herstellung von LPG allerdings höher ist als beim Methan, dürfte LPG keine dauerhafte oder flächendeckende Alternative zu Dieselkraftstoff darstellen.
Methanol
Methanol (CH3OH) ist ein vergleichsweise einfach synthetisch herzustellender Energieträger. Mithilfe elektrischer Energie aus regenerativen Quellen (wie z. B. Windkraft) kann Methanol sogar klimaneutral gewonnen und genutzt werden kann. Ein weiterer Pluspunkt für den alternativen Treibstoff: Methanol ist bei Normaltemperatur flüssig, und muss darum weder unter Druck gesetzt oder tiefgekühlt gelagert werden. Auch ist die Handhabung von Methanol an Bord und an Land ist gleichermaßen einfach, denn der Alkohol ist einfach zu transportieren und zu lagern, bei Atmosphärendruck und Umgebungstemperatur. Auch bei der motorischen Verbrennung gibt es keine Schwierigkeiten. Allerdings funktioniert die Verbrennung nur im Ottoverfahren mit elektrischer Zündung oder Zündstrahl.
Der größte Nachteil von Methanol gegenüber Dieselkraftstoff liegt in seinem deutlich niedrigeren Heizwert: Mit der gleichen Menge Methanol lässt sich nur halb so viel Strecke machen wie mit Dieselkraftstoff. Deshalb bringen Methanolschiffe im Bau auch einige Besonderheiten mit sich, denn für die Tanks muss viel Platz eingeplant werden – auch aus Sicherheitsaspekten. Beim Bau der „Uthörn II“ des Alfred-Wegener-Instituts bedeutet dies: Der sogenannte Ventmast, der den Maschinenraum und andere Bereiche des Schiffes be- und entlüftet, ist mit 15 Metern deutlich höher als üblich. Denn sollte doch einmal unerwartet Methanol austreten, verhindert diese Höhe, dass das Methanol zu dicht am Schiff zu brennen beginnt. Derlei Extras können dazu führen, dass ein Methanolschiff rund 1,5 Millionen Euro mehr kosten kann als ein vergleichbares Schiff mit Diesel-Antrieb.
Wasserstoff
Wasserstoff (H2) ist auf der Erde nur in gebundener Form vorzufinden, der Großteil davon in Wasser (H20). Um H2 zu gewinnen und als Energieträger zu verwenden, muss dieser aus chemischen Verbindungen, wie z. B. Kohlenwasserstoffen oder Wasser, abgetrennt werden. Werden für die Elektrolyse (die Aufspaltung von Wasser und Sauerstoff und Wasserstoff) erneuerbare Energiequellen wie Windkraft, Wasserkraft oder Sonnenenergie eingesetzt, spricht man von „grünem“ Wasserstoff, weil dieser CO2-neutral produziert wird.
Laut der Kurzstudie „Maritime Treibstoffe“ des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR) kann Wasserstoff eine praktikable Lösung für die Schifffahrt sein: Der Wirkungsgrad Wasserstoff ist gut, denn es wird nur Wasser ausgestoßen. Außerdem können bestehende Technologien (z. B. aus Brennstoffzellenfahrzeugen) genutzt werden. Allerdings hat Wasserstoff auch Nachteile: Er ist hoch brennbar, hat ein hohes Gewicht und erfordert ein großes Ladevolumen. Und gerade bei flüssigem Wasserstoff erfordert die Handhabung Spezialisten-Know-how.
Trotz der Nachteile könnten Wasserstoff-Brennstoffzellen eine Alternative zu heutigen Verbrennungsmotoren sein, wobei zu berücksichtigen ist, dass Wasserstoff nur dann wirklich eine emissionsfreie Option ist, wenn er aus erneuerbaren Energiequellen hergestellt wird.
Liquid Organic Hydrogen Carriers (LOHC)
Liquid Organic Hydrogen Carriers (LOHC) sind Flüssigkeiten auf Öl-Basis, die durch eine chemische Reaktion mit dem Öl Wasserstoff speichern können. Sie können wie normales Dieselöl gehandhabt werden und nutzen die bestehende Infrastruktur. Da der Wasserstoff chemisch an die Trägerflüssigkeit gebunden ist, werden die meisten seiner Gefahren gemildert.
LOHC für Schiffe besteht aus einem organischen Öl, das mit Wasserstoff angereichert ist (LOHC+). Dies geschieht in einer Anlage an Land. LOHC verhält sich in Bezug auf Lagerung, Transport und Handhabung ähnlich wie Diesel und weist in Bezug auf Brandgefahr und Toxizität in etwa das gleiche Risikoniveau auf wie normaler Diesel und kann auch genauso gebunkert werden. An Bord des Schiffes wird der Wasserstoff aus dem LOHC+ freigesetzt, der Wasserstoff wird dann in einer Brennstoffzelle oder einem Verbrennungsmotor verwendet, während das verbrauchte LOHC (LOHC-) in einem anderen Tank an Bord gelagert wird. Bei der nächsten Bunkerung von LOHC+ wird das LOHC- vom Schiff geladen. Dieses LOHC- wird dann in der Produktionsanlage wieder mit Wasserstoff angereichert, um erneut verwendet zu werden.
Aktuell gibt es mehrere Projekte (u. a. ein Kooperationsprojekt von H2-Industries und Lloyd’s Register), die darauf abzielen, eine grundsätzliche Genehmigung für den Einsatz der LOHC-Technologie auf Schiffen zu erhalten, und sich mit der Betankung von Schiffen, der Speicherung von LOHC an Bord und der Stromerzeugung an Bord befassen.
Ammoniak
Der einzige Vorteil den Ammoniak gegenüber den vorgenannten Energieträgern hat, ist der fehlende Kohlenstoff in seiner Zusammensetzung: Bei seiner Verbrennung entstehen weder Kohlendioxid noch Kohlenmonoxid. Ammoniak ist selbst in kleinsten Mengen ein hochgiftiges Gas, und bedarf deshalb besonderer Vorsichtsmaßnahmen beim Transport und bei der Lagerung. Der Siedepunkt von Ammoniak liegt bei -33 Grad Celsius, was es erforderlich macht, Ammoniak in speziellen Druckbehältern zu lagern. Ein weiterer Nachteil: Der Heizwert von Ammoniak beträgt weniger als die Hälfte von Methan.
Wichtiger Hinweis: Alternative Kraftstoffe befinden sich aktuell noch in der Entwicklungsphase hinsichtlich der Technologien sowie der Vorschriften für Transport, Versorgung, Lagerung und Verwendung an Bord von Binnen- und Seeschiffen.